Facharbeiten im Internet

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Plebiszit1

Sehr verehrte Kommilitonen, im folgenden Referat möchte ich über den Zusammenhang zwischen der Existenz plebiszitärer Instrumente und der entsprechenden Reformfähigkeit eines politischen Systems gemäß der Fragestellung „Wie hängen Reformfähigkeit eines politischen Systems und Existenz plebiszitärer Instrumente miteinander zusammen?“ anhand der Vergleichfälle Deutschland und Schweiz sprechen. Wenn ich nach einem Zusammenhang zwischen zwei Größen frage, muss das Ergebnis sich natürlich in einem zweidimensionalen Diagramm darstellen lassen, wobei auf der X-Achse die jeweilige Ausprägung an plebiszitärer Praxis und auf der Y-Achse die davon abhängige Reformfähigkeit abgetragen wird. Anhand dieser Darstellung ist klar, dass ich zuerst die Vergleichfälle entlang der X-Achse ordnen muss und danach den Begriff der Reformfähigkeit definieren muss, um zu wissen, wie ich jedes politische System auf seine Reformfähigkeit zu testen habe.

Um diesen zentralen Begriff der Fragestellung zu definieren, muss man sich zuerst einmal vor Augen führen, dass ein politisches System nur aus dem einen Grund, dass die Gesellschaft sich ständig ändert, Reformen benötigt. So wird der Gesellschaft bewusst, dass die fehlgeschlagene Integrationspolitik der letzten 30 Jahren zum Sicherheits- und die rückläufige Geburtenrate desselben Zeitraumes zum Wohlstandsproblem wird. Also braucht es die Fähigkeit des politischen Systems, möglichst schnell auf jene Notwendigkeiten zu reagieren. Somit ist die erste Erkenntnis, dass der Aufwand für den Reformprozess möglichst klein sein muss. Allerdings stellt sich trotz eines eventuell sehr geringen Aufwandes bei den beiden genannten Beispielen die Frage nach einer möglichst sinnvollen inhaltlichen Lösung des Problems. Wobei mir natürlich klar ist, dass das politische System als eine ‚Maschine zum Politik machen’ keinesfalls die richtige Lösung an sich parat hat. So ist lediglich darauf zu achten, welche Inhalte an sich das jeweilige politische System aufgrund seiner Funktionslogik durchsetzen kann. Demnach, und das ist die zweite Erkenntnis, muss ich mir neben dem Prozess an sich auch die inhaltlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten anschauen, um die Höhe der Reformfähigkeit abschätzen zu können. Demzufolge beschreibt die Reformfähigkeit wie viel Aufwand ein politisches System benötigt, um gewisse politische Inhalte durchzusetzen.

Als zweite Grundlage zum Referat möchte ich jetzt die politischen Systeme der BRD auf Bundes- und Landesebene und der Schweiz nach der jeweiligen Existenz von plebiszitären Instrumenten unterscheiden. Wobei vorauszuschicken ist, dass ich die Bundesländer als Vergleichsfall, welche als in ihrer politischen Kompetenz und Gestaltungsmöglichkeit beschnittenen Gliedstaaten eines föderalen Systems mit vollwertigen politischen Systemen verglichen werden sollen, nicht geeignet, weil jenen politischen Systemen entscheidende Problemstellungen moderner Staatlichkeit von der Bundespolitik abgenommen. Dennoch werde ich entsprechend der Fragestellung das Bundesland Bayern auch in den Vergleich einbeziehen. Grundsätzlich teilt man plebiszitäre Instrumente, wie bereits durch die Vorlesung bekannt, in zwei Bereiche ein. Daher werden einerseits die Volksinitiative, das Volksbegehren und der Volksentscheid als Volksgesetzgebung charakterisiert und andererseits die Referenden in Form von fakultativen oder obligatorischen als Instrumente der Referendumsdemokratie bezeichnet. In der Schweiz steht dem Volk die volle Auswahl der plebiszitären Instrumente zur Verfügung und ist somit eine Referendumsdemokratie. Im Freistaat Bayern sind der Verfassung nur die Instrumente der Volksgesetzgebung bekannt, weswegen dieses politische System eine plebiszitär angereicherte repräsentative Demokratie ist. Das politische System der BRD kennt lediglich das Stimmrecht des Volkes bei Parlamentswahlen und Änderungen des Bundesgebietes, womit sie sich zweifelsohne als rein repräsentative Demokratie identifizieren lässt.

Um jetzt die Reformfähigkeit des jeweiligen politischen Systems festzustellen, ist erst einmal zu beleuchten, wie der Reformprozess generell durch die jeweilige plebiszitäre Praxis beeinflusst wird und die Anbindung des Reformprozesses an den Volkswillen erfolgt. Als nächstes gilt es die Beziehung zwischen der Regierung und der Opposition im Parlament, da dieses in allen drei Systemen das zentrale Gesetzgebungsorgan ist, zu betrachten. Abschließend werde ich die Bedeutung der etablierten Kultur des politischen Streites für den Reformprozess erklären. Nach jeder Anwendung der jeweiligen analytischen Kategorien auf den Reformprozess werde ich die daraus folgenden inhaltlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten darlegen. So dass ich dann zu guter Letzt jeden Vergleichsfall im Lichte der Kategorien darstellen kann und in der Lage bin, die Fragestellung zu beantworten.

Der Unterschied zwischen den beiden bereits angeführten und schon in der Vorlesung kennengelernten Bereichen der plebiszitären Instrumente liegt, bekannterweise darin, dass bei der Volksgesetzgebung das Volk dem zpEs1 direkte Anweisungen für neue Gesetzesvorlagen oder –änderungen gibt. In der Referendumsdemokratie gibt das zpEs dem Volk die Anweisung zum Entscheid über gewisse Vorlagen. Solange dabei nicht politische Verantwortung in Form einer wichtigen Entscheidung vom zpEs an das Volk „abgewälzt“ wird, bleiben auch die klaren Ketten der politischen Verantwortung bestehen. Dennoch sollte ein Detail nicht aus dem Auge verloren werden. Obwohl die Richtung des Reformprozesses vom zpEs zum Volk ist, besitzt das Volk dennoch die entscheidende Macht, welche den Typ der Referendumsdemokratie dauerhaft ein sehr spezifisches Gesicht verleiht, über das zpEs. Denn hier zeigt sich die Wirkung der ‚Verhinderungsmacht’, welche aufgrund der Bedrohung durch ein entweder sehr leicht zu initiierendes fakultatives Referendum, wozu 50.000 Unterschriften also circa ein Prozent der Stimmbürgerschaft genügen, oder ein so oder so durchzuführendes obligatorisches Referendum, dass die gesetzgebenden Institutionen dazu zwingt, ihr Gesetz gegen den Widerspruch des Volkes sicher zu machen. Also wird der Gesetzgebungsprozess generell sehr eng und durchgängig an den Volkswillen angebunden, wobei diese an sich positiv erscheinende Funktion der Referendumsdemokratie aufgrund der ungünstigen Funktionslogik des Referendums den ‚status quo’ bestärkt. Denn durch eine enge Anbindung der Gesetzgebung an den Volkswillen, bei der das Volk jederzeit in der Lage ist, Gesetze zu kippen, wird nie ein Gesetz angenommen werden, welches aufgrund seiner Notwendigkeit unpopulär ist, obgleich es langfristig Probleme löst. Zusätzlich ergibt sich eine unproportionale Überbetonung der Gegner der Gesetzesvorlage, wenn ein Gesetzesreferendum initiiert wurde. Schließlich werden alle auch die unpolitischen Gegner jener Gesetzesvorlage aber lediglich die politisch interessierten Befürworter zum Referendum gehen. Also müssen bei der Ausarbeitung des Gesetzes auch ‚Minderheiten’ von zehn Prozent der Stimmbürger bedacht werden, da die durchschnittliche Wahlbeteiligung bei Referenden bei 20 bis 40 Prozent des Wahlvolkes liegt. Besonders hierin wird der ‚status quo’ bestärkt, da das Gesetz bei weniger als ungefähr zehn bis fünfzehn Prozent der Bevölkerung auf akute Ablehnung stoßen darf. Selbst wenn dann ein Gesetz zustande kommt, ist dies in der Regel evident dem ‚status quo’ angenähert.

Im rein repräsentativen System der BRD wird das Volk „nur“ durch die Parlamentswahl aller vier Jahre in das politische Geschehen eingebunden. Auf den ersten Blick ist ersichtlich, dass die negativen Folgeerscheinungen der zum ‚status quo’ gerichteten Reforminhalte nicht auftreten, womit viele allerdings auch verbinden, dass der Reformprozess vom Volkswillen losgelöst ist. Dennoch ist es der repräsentativen Demokratie möglich, den Gesetzgebungsprozess an den Volkswillen zu binden. Dies wird durch die bereits bekannten Wiederwahl- und Mehrheitsmechanismus gesichert. Durch die regelmäßige Wahl des Parlamentes am Anfang einer jeden Legislaturperiode wird der sehr wirksame Wiederwahlmechanismus ermöglicht, welcher den Repräsentanten um seiner Wiederwahl willen dazu zwingt, nicht allzu weit und allzu lang von dem abzuweichen, was die Wähler bereit sind zu akzeptieren. Eine weitere Folge des Wiederwahlmechanismus ist, dass jener dem politischen Akteur, welcher wiedergewählt werden möchte, nicht nur eine relativ hohe Responsivität abfordert, sondern aufgrund der Tatsache, dass „nach der Wahl vor der Wahl ist“, jenen nicht nur an seinem vorgelegten Programm beurteilt, sondern auch an dem, was er eventuell erreicht hat und ihm somit auch einen effektiven Führungsstil abverlangt. Aufgrund dieser Wiederwahl und einer erforderlichen Mehrheit im Parlament wird der politische Akteur zusätzlich dazu gezwungen, mit seinen Reformen eine Mehrheit, aber nicht mehr, hinter sich zu bringen. Also werden hier tendenziell Inhalte mit einer größeren Differenz zum ‚status quo’ als bei der Referendumsdemokratie verabschiedet, da die Repräsentanten nicht einmal die ganze Zeit über, aber wenn dann nur eine absolute Mehrheit des Volkes mit ihren Reformen vertreten müssen. Dennoch können sie sich nicht von ihrer Verantwortung für ihre Politik zurückziehen, da sie durch den Wiederwahlmechanismus an ihrer Responsivität und ihren Führungsstil bemessen werden.

Während die Instrumente der Referendumsdemokratie das Volk dauerhaft in den Reformprozess einbindet und dadurch die eben besprochenen Folgen nach sich ziehen, wirkt die Volksgesetzgebung nur ergänzend. Hier werden Inhalte angesprochen, welche in den Gesetzbüchern erlassen oder geändert werden sollen und von den gesetzgebenden Institutionen aufgrund ihrer Zusammensetzung nicht im Sinne des Volkes behandelt werden können. Hier wird das Volk nur partiell in den Reformprozess, welcher zusätzlich nicht vom zpEs ausgeht, eingebunden. Dafür, dass diese Instrumente nicht eine ähnliche Vorauswirkung haben wie die Instrumente der Referendumsdemokratie, sorgt das relativ hohe Quorum von zehn Prozent für das Zustandekommen eines Entscheides, welcher ein bestimmtes Gesetz zu Fall bringen könnte. Im zpEs des Freistaates Bayern wird das Volk nicht wie in der Schweiz als praktisch gewaltenteilendes Organ in den Reformprozess integriert. Somit hat der Freistaat Bayern eine ähnliche Anbindung des Reformprozesses an den Volkswillen wie die reine repräsentative Variante Bundesdeutschlands. Allerdings wirkt die Volksgesetzgebung, solange sie nicht eine ständige vorauswirkende Macht auf den Gesetzgebungsprozess auswirkt, korrektiv und ergänzend. Vor allem die Volksinitiative und die zahlreichen zur Nutzung plebiszitärer Instrumente gegründeten Interessensgemeinschaften dienen dazu, dass neue Tendenzen und Probleme der Gesellschaft schneller als beim rein repräsentativen System. Die Praxis dieser Instrumente zeigt, dass jene zwar nur selten und bei sehr kontroversen Themen zum Einsatz kommen, dann allerdings in Form eines Volksbegehrens gegen ein Gesetz sehr effektiv sind, so dass die Regierung Baden-Württembergs die Finanzierung der Pflegeversicherung durch die Streichung des Pfingstmontags schon vor dem Zustande gekommenen Volksentscheid fallen lies.

Wie bereits zu Tage getreten, ruft die unterschiedliche Einbindung des Volkes natürlich auch eine andere Art des Regierens und Opponierens hervor. Dies werde ich nun vertiefen.

In der Referendumsdemokratie ist die Gesetzgebung vor allem darauf angewiesen, dass ihrer Gesetzesvorlage auf einem breiten Fundament von politischer Zustimmung ruht. Dies hat natürlich entscheidende Folgewirkungen auf die Bildung der Regierung, welche über zu

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